Theresa Lachner führt mit LVSTPRINZIP den wohl größten deutschen Sexblog. Ihr Buch ist aber alles andere als eine ausgedruckte und gebundene Version ihres Blogs.

Darf ich als Sexbloggerin eine andere Sexbloggerin lobhuldigen? Warum nicht? Ich habe mich auf jeden Fall gefreut, vom Aufbau Verlag ein Rezensionsexemplar zugeschickt bekommen zu haben. Ich hoffe, irgendwann bekomme ich auch noch eine kleine Widmung von Theresa.

Das LVSTPRINZIP

Was den Blog Lippenbekenntnisse angeht, war meine Reise ähnlich wie Theresas: Ich dachte mir „Da hab ich Bock drauf, das mach ich jetzt mal“. Klar, ich war damit im Gegensatz zu ihr nicht mehr der erste Blog am Markt. Aber ich muss auch gestehen, nachdem ich mich entschieden habe, das durchzuziehen, war kein Blog mehr Vorbild für mich als LVSTPRINZIP, denn irgendwie fand ich Theresas Schreibstil, der unglaublich viel Persönlichkeit hat, schon immer bewundernswert und toll. Nun weiß ich auch, warum LVSTPRINZIP nicht Lustprinzip heißt – die Domain war schon vergeben.

Nach dem Lesen dieser autobiografischen Lebensfacettengeschichte kann ich aber noch ein bisschen besser verstehen, was alles in ihren Texten drin steckt. Aber wie schon in der Einleitung geschrieben, ist dieses Buch kein Ratgeber zusammen gestellt aus den verschiedenen Blogbeiträgen. Es ist vielmehr eine Reise durch einen Lebensabschnitt von Theresa mit guten wie schlechten Erfahrungen. Es ist eine sehr intime Reise – und damit meine ich nicht den Sex.

Von Gendersternchen und Anglizismen

LVSTPRINZIP als ReiselektüreDie männliche Form ist immer die allgemeingültige? Sie ist das, was wir gewohnt sind, das kann man nicht bestreiten. Und wenn man nicht näher drüber nachdenkt, stört sie einen auch nicht. Wenn man dann aber drüber nachdenkt, könnte man sich schon fragen, warum man bei „Ich war beim Arzt“ dann immer an einen Mann denkt, es aber die Bezeichnungen „Krankenschwester“ und „Kindergärtnerin“ geschafft haben, sich für diese Bereiche zu etablieren. So neutral, wie viele immer behaupten, ist das generische Maskulinum also womöglich doch nicht.

Darum fand ich ich es auch sehr erfrischend, dass Theresa Lachner in ihrem Buch Gendersternchen verwendet. So sind es also Kolleg*innen und Journalist*innen – nach zweimal Lesen ist mir das nicht mal mehr aufgefallen. Also man muss schon eine große Aversion haben, um tatsächlich den Lesefluss gestört zu bekommen, wenn alle paar Seiten mal ein * ist.

Eher könnte man sich – wenn man der englischen Sprache nicht so mächtig ist – von den vielen genutzten Denglishen Sätzen gestört fühlen. Während ich sie erfrischen fand, da ich selbst ab und an mit Freunden so spreche, kann ich auch verstehen, wenn andere Leser*innen das aufgrund von Verständnisproblemen nicht so mögen. Mir hat das aber noch ein wenig mehr Vertrautheit zur Autorin gegeben, weil es sich einfach irgendwie total authentisch angehört hat.

In 80 Kapiteln um die Welt

Sex-Lifehack aus Theresa Lachners LVSTPRINZIPTheresa Lachner denkt sich eines Tages, dass sie weg muss. Und auf diese Reise nimmt sie uns als Leser mit. Wir erfahren, wie Theresa die Welt erkundet, die Sexualität und sich selbst. Das alles beschreibt sie erfrischend anders, mit einem eigenen Schreibstil, der mich persönlich wunderbar abholen konnte. Man muss sich aber schon ein wenig mit weltpolitischen Gegebenheiten und Popkultur auskennen, um die Referenzen auch einordnen zu können. Da ich ja aber teilweise in der gleiche Bubble unterwegs bin wie sie, fiel mir das an keiner Stelle schwer.

Auf dieser Reise lernen wir sehr viel. Viel über andere Länder, andere Sitten, viel über Sex, viel über persönliche Nahostkonflikte und viel die Entwicklung der Protagonistin und Autorin. An sauvielen Stellen dachte ich mir „Verdammt, ich weiß genau, wie du fühlst, Schwester!“

Wer nun denkt, hier seichte Urlaubserzählungen mit Sex on the Beach zu bekommen, liegt vollkommen falsch. Es ist eher was „ziemlich Deepes“, was wir da mit LVSTPRINZIP serviert bekommen. Denn es geht auch um Gewalt, um Scham, um Mut. Es geht darum, dass das Realisieren mancher Wahrheiten viel länger dauert, als man glauben mag – manchmal sogar 2 Umrundungen der Erde.

Und die Moral von der Geschicht‘?

Auszug aus Theresa Lachners LVSTPRINZIPFür mich persönlich ist die essenzielle Moral von LVSTPRINZIP, dass man lernen sollte, seinem Bauchgefühl zu vertrauen. Wenn du dich in einer Situation oder bei einem Menschen befindest, was Unbehagen in der Magengegend auslöst, dann solltest du darauf hören und gehen. Das klingt so banal, aber Hand aufs Herz, wie oft bist du – genau wie ich – schon geblieben und dachtest dir „Ich will ja auch nicht als Spielverderber*in dastehen“? „Nein“ zu sagen, muss man lernen, besonders als Frau.

Man sollte sich selbst treu bleiben und nicht andere über sich oder den Körper urteilen lassen. Außerdem muss man nicht jeden Scheiß ausprobiert haben – andererseits ist das Leben ja auch ziemlich kurz und vielleicht ist ja doch was dran an der Orgasmischen Meditation oder der Tantramassage?

Ach ja: Als Opfer fühlt man sich schwach und scheiße. Wenn dir also das nächste Mal jemand von einer Situation oder Erfahrung erzählt, die nicht angenehm war, fang nicht an, Ausreden zu suchen, warum die Person möglicherweise Mitschuld trägt.

Außerdem besteht das Leben nicht aus Phasen, sondern vielmehr aus Facetten, die einem zu der Person machen, die man ist.

Fazit

Eines kann ich dir sagen: Theresa Lachners LVSTPRINZIP ist sehr wahrscheinlich nicht das, was du erwartest. Aber ich bin mir sicher, du wirst positiv überrascht sein. Ich war es auf jeden Fall und habe gemeinsam mit Theresa mal gelacht, mal geweint und mal ordentlich Wut im Bauch gehabt. Um Toys geht es übrigens am Allerwenigsten.

Sollte ich deine Neugier geweckt haben, kannst du das schicke Buch mit Rorschach/Vulva Cover übrigens für 20€ bei Amazon bestellen (die Kindle-Version schon für 14,99€).

Wenn du also noch eine Verwendung für den weihnachtlichen Amazon Geschenkgutschein suchst, schlag zu. Außerdem schau dir doch vielleicht auch mal meine Rezension zu Lotta Freis Swinger Bibel an, das könnte dann durchaus auch was für dich sein.

Deine Sally

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